Bewegung für das Gehirn: Wie Sport unsere mentale Gesundheit und kognitive Leistungsfähigkeit stärkt
Körperliche Aktivität gilt schon lange als entscheidender Faktor für die körperliche Gesundheit. Doch immer mehr Forschungsergebnisse belegen: Bewegung hat auch tiefgreifende, positive Auswirkungen auf das Gehirn. Ob es um die Verbesserung der Stimmung, die Förderung von Lernprozessen oder den Schutz vor Stress geht – Sport aktiviert eine ganze Reihe neurobiologischer Mechanismen, die sich direkt auf unsere geistige Gesundheit auswirken.
Bewegung fördert BDNF – den Espesso für das Gehirn
Im Zentrum dieser Wirkmechanismen steht ein besonders wichtiger Botenstoff: der Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF). BDNF unterstützt die neuronale Plastizität, also die Fähigkeit des Gehirns, sich an neue Reize anzupassen, Verbindungen zwischen Nervenzellen zu stärken und neue Nervenzellen zu bilden. Studien zeigen, dass bereits eine einzige Trainingseinheit die BDNF-Spiegel im Blut signifikant erhöhen kann. Bei regelmäßigem Training ist dieser Effekt sogar noch stärker ausgeprägt.
Besonders bemerkenswert ist die Rolle von BDNF bei der Regulierung von Emotionen und der kognitiven Leistungsfähigkeit. Menschen mit niedrigen BDNF-Spiegeln zeigen häufiger Symptome von Depressionen oder kognitiven Beeinträchtigungen. Umgekehrt konnte in einer Meta-Analyse von Szuhany und Kollegen (2015) gezeigt werden, dass regelmäßige Bewegung die BDNF-Werte erhöht – ein klarer Hinweis auf das mentale Schutzpotenzial körperlicher Aktivität.
Neben BDNF steigert Bewegung auch andere wachstumsfördernde Substanzen wie IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1), VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) und EPO (Erythropoietin). Diese Wachstumsfaktoren fördern unter anderem die Bildung neuer Blutgefäße, die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff und die Entstehung neuer Nervenzellen. Die Kombination dieser Prozesse schafft optimale Bedingungen für geistige Leistungsfähigkeit und emotionale Stabilität.
Neue Nervenzellen dank Bewegung: Neurogenese im Hippocampus
Ein weiteres faszinierendes Phänomen: Sport regt die sogenannte adulte Neurogenese an – also die Neubildung von Nervenzellen im erwachsenen Gehirn, insbesondere im Hippocampus, einer Region, die entscheidend an Lern- und Gedächtnisprozessen beteiligt ist.
Tierstudien haben eindrucksvoll gezeigt, dass vor allem aerobes Training – wie Laufen oder Radfahren – die Zellneubildung im sogenannten Gyrus dentatus des Hippocampus fördert. Diese neu entstandenen Zellen stammen von neuralen Stammzellen ab und durchlaufen mehrere Entwicklungsstufen, bis sie vollständig funktionale Nervenzellen sind, die in neuronale Netzwerke integriert werden. Bewegung unterstützt nicht nur die Proliferation dieser Zellen, sondern auch deren Reifung und Überleben.
Auch bei Menschen deuten bildgebende Verfahren wie die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) darauf hin, dass regelmäßige Bewegung mit einem größeren Volumen des Hippocampus einhergeht – ein Hinweis auf strukturelle Veränderungen durch körperliches Training.
Intensität macht den Unterschied: Was wirkt wirklich?
Interessanterweise ist die Intensität des Trainings ein wichtiger Faktor. Studien zeigen, dass moderates Ausdauertraining deutlich bessere Effekte auf die Neurogenese hat als hochintensives Training. Eine Untersuchung von Inoue et al. (2015) fand beispielsweise heraus, dass moderates Training alle Phasen der Neurogenese (Zellproliferation, Differenzierung, Migration) positiv beeinflusste. Intensives Training hingegen wirkte sich weniger umfassend aus – zum Teil wurden sogar niedrigere Spiegel von BDNF, VEGF und IGF-1 gemessen.
Diese Erkenntnisse legen nahe, dass ein moderates Trainingsregime – etwa Joggen, Radfahren oder zügiges Spazierengehen – für die mentale Gesundheit besonders wirksam ist. Extreme Belastungen, wie sie im Leistungssport vorkommen, können dagegen die positiven Effekte abschwächen.
Stressresistenz durch Sport: Emotional stark durch Bewegung
Neben den antidepressiven Effekten wirkt regelmäßiger Sport auch als Schutzschild gegen akuten Stress. In einer Studie mit dem sogenannten Trier Social Stress Test, einem etablierten Verfahren zur Erzeugung von sozialem Stress im Labor, zeigte sich: Menschen, die mindestens einmal pro Woche Sport treiben, reagieren emotional deutlich stabiler auf Belastungssituationen als körperlich inaktive Personen. Sie erleben weniger Rückgang positiver Emotionen und zeigen eine größere psychische Widerstandskraft.
Auch physiologisch lassen sich Unterschiede feststellen: Sportlich aktive Menschen haben in der Regel einen niedrigeren Ruhepuls und eine bessere kardiovaskuläre Anpassung. Zudem zeigen sie eine abgeschwächte Aktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) – das zentrale Stresssystem des Körpers. Diese Regulation führt dazu, dass die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol im Ernstfall moderater ausfällt und sich schneller normalisiert.
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